Urteil Bundesgerichtshof: Unzulässige fristlose Kündigung des Vermieters nach unpünktlichen Mietzahlungen durch das Sozialamt

Laut dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 21.10.2009, VIII ZR 64/09 ist die fristlose Kündigung eines Vermieters  nach 543 Abs. 1 BGB wegen der unpünktlichen Mietzahlungen unzulässig, wenn das Sozialamt die Miete nicht pünktlich bezahlt.
 
Zum Sachverhalt (Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes):

  
„Die Beklagten mieteten mit Vertrag vom 11. Mai 2007 ein Reihenhaus des Klägers in W. Nach § 4 des Mietvertrages ist die Miete jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats im Voraus an den Vermieter zu zahlen. Die Beklagten trennten sich noch im Jahr 2007; der Beklagte zu 2 zog aus dem Reihenhaus aus. Die Mietzahlungen gingen beim Kläger für April 2008 am 11. April, für Mai 2008 am 7. Mai, für Juni 2008 am 6. Juni und für Juli 2008 am 8. Juli ein. Mit Schreiben vom 7. April und 13. Mai 2008 mahnte der Kläger die verspäteten Zahlungen ab. Die Mietzahlungen erfolgten seit April 2008 durch das Jobcenter. Dieses ist trotz Vorlage der Abmahnungen des Klägers durch die Beklagte zu 1 nicht bereit, die Mietzahlungen früher anzuweisen. Mit Schreiben vom 11. Juni 2008 kündigte der Kläger das Mietverhältnis unter Berufung auf verspätete Mietzahlungen. Er begehrt die Räumung des Reihenhauses und die Erstattung vorgerichtlicher Auslagen.“
 
Der Bundesgerichtshof entscheid, dass bei der Beurteilung, eines Kündigungsgrundes für eine fristlose Grund die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entscheidend sei, insbesondere eine Interessensabwägung sei vorzunehmen, bei der berücksichtigt werden müsse, dass die Beklagten auf staatliche Sozialleistungen angewiesen seien die Zahlungsverzögerungen durch das Jobcenter verursacht wurden.
 

„Die Mieter müssen sich im Rahmen der Abwägung nach § 543 Abs. 1 auch nicht ein etwaiges Verschulden des Jobcenters zurechnen lassen. Das Jobcenter handelt bei der Übernahme der Mietzahlungen nicht als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Mieters, sondern nimmt ihm obliegende hoheitliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr. Der Mieter schaltet die Behörde nicht als Hilfsperson zur Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietverhältnis ein; vielmehr wendet er sich an die staatliche Stelle, um den eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Jobcenter anschließend die Kosten der Unterkunft an den Hilfebedürftigen selbst zahlt oder direkt an den Vermieter überweist,“ so der Bundesgerichtshof. 

 

Urteil vom 21. Oktober 2009 – VIII ZR 64/0

 

Verfahrensgang:

 AG Weilheim i. OB – Entscheidung vom 19. August 2008 – 1 C 214/08

 LG München II – Entscheidung vom 10. Februar 2009 – 12 S 4884/08