Wie erbe ich steuerfrei das Familienheim? 1

Wie erbe ich steuerfrei das Familienheim?

Als Fachanwalt für Steuerrecht werde ich immer wieder gefragt, ob das Familienwohnheim steuerbefreit übertragen werden kann.

Voraussetzungen:
Grundsätzlich kann das Haus der Familie steuerbefreit nach §13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG übertragen werden, wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind. So muss z.B. das Familienheim 20 Jahre im Besitz der Familie gewesen sein.

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG  die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit entfällt, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Wie sieht es aber aus, wenn der Erblasser das Haus gegen Nießbrauch z.B. an die Tochter überträgt und weiter nutzt?

So hatte der BFH (Bundesfinanzhof) nunmehr zu entscheiden, ob auch eine Steuerbefreiung gegeben ist, wenn also das Familienwohnheim gegen Nießbrauchsvorbehalt übertragen wird oder ob im Erbfall eine Nachversteuerung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG erfolgt.

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5, BFH v. 11.7.2019 – II R 38/16

Der BFH kam zu folgendem Ergebnis in seinem Urteil:

„Die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Das gilt auch dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt.“

Damit ist klargestellt, dass also das ererbte Familienheim weder veräußert noch sonst wie aufgegeben werden darf z.B. durch eine nett gemeinte Schenkung unter Lebenden im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zu einem rückwirkenden Wegfall der Steuerfreiheit führt.

Daher sollten nett gemeinte Schenkungen von Witwern oder Witwen an die Kinder innerhalb von 10 Jahren nach dem Erbfall unterlassen werden, wenn man keine ungewollte Steuerlast heraufbeschwören möchte.

Bevor Sie also Vermögen übertragen, wenden Sie sich gerne an einen Fachanwalt für Steuerrecht oder Steuerberater in unserer Kanzlei.

Die Frage ist zudem, was passiert, wenn der Erblasser bereits Witwe oder Witwer war und allein im Eigenheim gewohnt hat.

In diesem Fall ist für die Erben Eile geboten!
Der Erbe muss mit seiner Familie binnen 6 Monaten nach dem Erbfall einziehen. Sollte es zu einer Verzögerung des Einzugs kommen, so lässt das Finanzamt dies nur gelten, wenn die Gründe für die Verzögerung nicht von dem Erben oder der Erbin zu vertreten gewesen sein bzw. nicht in seinem Entscheidungsbereich liegen. Dies hat der erbe oder die Erbin zu beweisen. Daher sind Verzögerungen bei Handwerkern z.B. genau zu dokumentieren und die Unbewohnbarkeit zu bescheinigen, damit eine Steuerbefreiung durch die Verzögerung nicht gefährdet wird.

So hatte das FG Münster nämlich die Steuerbefreiung bei einem verspäteten Einzug abgelehnt, der drei Jahre nach dem Erbfall erfolgte.

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4c
FG Münster v. 24.10.2019 – 3 K 3184/17 Erb
So hat der Erblasser nämlich nur einen Anspruch auf die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, wenn der Erwerber das Familienheim unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt.
Er muss also die Absicht haben, das Haus selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und diese Absicht auch umsetzen, sodass anhand äußerer Umstände die innere Absicht deutlich wird.

Unverzüglich bedeutet dabei ohne schuldhaftes Zögern. Dies ist jedoch laut Rechtsprechung nach spätestens 6 Monaten beendet.

Nur, wenn er beweisen kann, dass ein Einzug nicht früher möglich gewesen sei und warum er diese Gründe nicht zu vertreten habe, ist ggf. auch ein späterer Einzug möglich.

Allein Feuchtigkeitsschäden hat das Gericht nicht für ausreichend erachtet.

Der BFH hat geurteilt, dass er einen Einzug etwas über 6 Monate akzeptieren würde, wenn der Erwerber nachweisen könne, dass er die Gründe nicht zu vertreten habe (vgl. BFH v. 28.5.2019 – II R 37/16, ErbStB 2019, 249 [Hartmann]). Da in dem besagten Prozess aber nicht mal der Erwerber bis zur mündlichen Verhandlung eingezogen (2 Jahre und 8 Monate nach dem Erbfall) war, hat er den Prozess verloren.

Das Urteil:

Erbschaftsteuer: Steuerbefreiung für Familienheim

Urteil vom 28.5.2019   II R 37/16

„Kinder können eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie steuerfrei erben, wenn sie die Selbstnutzung als Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall aufnehmen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. Mai 2019 II R 37/16 entschieden hat. Ein erst späterer Einzug führt nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb als Familienheim.

Der Kläger und sein Bruder beerbten zusammen ihren am 5. Januar 2014 verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte ein Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von 120 qm, das der Vater bis zu seinem Tod allein bewohnt hatte. Die Brüder schlossen am 20. Februar 2015 einen Vermächtniserfüllungsvertrag, nach dem der Kläger das Alleineigentum an dem Haus erhalten sollte. Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 2. September 2015. Renovierungsangebote holte der Kläger ab April 2016 ein. Die Bauarbeiten begannen im Juni 2016.

Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest, ohne die Steuerbefreiung für Familienheime nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) zu berücksichtigen. Diese Steuerfreiheit setzt voraus, dass der Erblasser in einem im Inland belegenen Grundstück bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder dass er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Die Wohnung muss beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken als Familienheim bestimmt sein, wobei die Wohnfläche 200 qm nicht übersteigen darf. Das Finanzgericht (FG) sah den Erwerb als steuerpflichtig an.

Der BFH bestätigte die Versagung der Steuerfreiheit. Der Kläger habe das Haus auch nach der Eintragung im Grundbuch nicht unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken bestimmt. Erst im April 2016, mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung im Grundbuch, habe der Kläger Angebote von Handwerkern eingeholt und damit überhaupt erst mit der Renovierung begonnen. Der Kläger habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten habe. Schließlich wies der BFH darauf hin, dass der Kläger noch nicht einmal bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem FG mithin zwei Jahre und acht Monate nach dem Erbfall in das geerbte Haus eingezogen war.“

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Was ist eigentlich mit dem Hausrat im Fall des Erbes:
§13 ErbStG zählt weitere Sachen auf, die steuerbefreit von Todes wegen erworben werden können:
So z.B. Hausrat einschließlich Wäsche und Kleidungsstücke beim Erwerb durch Personen der Steuerklasse I, soweit der Wert insgesamt 41 000 Euro nicht übersteigt, bzw.
Hausrat einschließlich Wäsche und Kleidungsstücke und andere bewegliche körperliche Gegenstände, die nicht nach Nummer 2 befreit sind, beim Erwerb durch Personen der Steuerklassen II und III, soweit der Wert insgesamt 12 000 Euro nicht übersteigt.

Ausgenommen von dieser Befreiung sind allerdings
Gegenstände, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, zum Grundvermögen oder zum Betriebsvermögen gehören, für Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, Edelmetalle, Edelsteine und Perlen;

Scheidungskosten sind nunmehr nach dem aktuellen Urteil des BFH nicht mehr steuerlich absetzbar! 2

Scheidungskosten sind nunmehr nach dem aktuellen Urteil des BFH nicht mehr steuerlich absetzbar!

Der BFH hat nunmehr in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass die Scheidungskosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind (Az.: VI R 9/16) vom 16.8.2017

 

 

 

 

Niedersächsisches Finanzgericht hält Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig

Für große Überraschung sorgte heute eine Meldung aus Hannover: Richterin Gascard vom Niedersächsichen Finanzgericht hält den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig und legt dies dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

Nach ihrer Einschätzung ist dieser Zuschlag zur Einkommenssteuer verfassungswidrig, weil dieser über einen zu langen Zeitraum als Ergänzungsabgabe erhoben wurde.

Geklagt hatte ein Mann, der im Jahr 2007 ca. 1000 Euro Soli-Zuschlag (3,75 % auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer) zahlen musste und damit die Aufhebung seines Steuerbescheides begehrte.

Daher sollte gegen noch nicht bestandskräftige Steuerbescheide Einspruch eingelegt werden. Halten Sie gerne mit uns Rücksprache und sprechen Sie Ihren konkreten Fall mit uns durch.

 

Steuerklasse und Elterngeld

Wer nach Kenntnisnahme einer Schwangerschaft die Steuerklasse wechselt, um somit mehr Nettoeinkommen und damit mehr Elterngeld zu erhalten, handelt nicht „rechtsethisch verwerflich“, so entschied das Bundessozialgericht Kassel in seinem Urteil vom 25.6.2009 (AZ.: B 10 EG 3/08 R sowie B 10 EG 4/08).

Das Gericht wies damit die Revisionen des Freistaates Bayern ab.

Damit ist auch der während der Schwangerschaft veranlasste Wechsel der Lohnsteuerklasse bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen.

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BFH: Private Bewirtungsaufwendungen können Werbungskosten sein

Kosten für die Bewirtung von Gästen können Werbungskosten sein. Dabei ist in erster Linie ist entscheidungserheblich, welcher Anlass für die Feier gegeben ist.Nach einem aktuellen Urteil des BFH kann aber auch die berufliche Veranlassung der Aufwendungen durch Gesamtwürdigung aller Umstände im Einzelfall gerechtfertigt sein, obgleich das Ereignis, welches die Bewirtung ausgelöst hat, als „herausgehoben persönlich“ gilt.

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Mehrwertsteuererhöhung: Was gilt, wenn 2006 bestellt, aber 2007 geliefert wurde?

In Fällen, in denen noch vor dem 01.01.2007 Ware bestellt, aber erst in 2007 geliefert wurde, sollte die Rechnung genau geprüft werden. Denn i. d. R. darf der Händler nicht die höhere Umsatzsteuer von 19% in Rechnung stellen. Entscheidend ist nämlich, wann der Kaufvertrag geschlossen worden ist: Sofern dieser nach dem 1.09.2006 zustande gekommen ist, muss die Ware zum damals vereinbarten Preis (inkl. 16% Umsatzsteuer) geliefert werden. Ein nachträglicher Aufschlag ist nicht zulässig (§ 29 UStG).Zum Beispiel: Im Dezember 2006 wird bei einem Versandhaus ein Fernseher für 1.000 Euro zzgl. 160 Euro USt bestellt. Der vereinbarte Brutto-Preis beträgt also 1.160 Euro. Erfolgt die Lieferung erst 2007, ändert sich an dem Preis nichts. Es sind auch im neuen Jahr nur 1.160 Euro zu zahlen.

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