Erbschafts-/Schenkungssteuerreform – Dringender Handlungsbedarf für Vermögensübertragungen

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 31.01.2007 lässt sich das Vermögen noch auf der Grundlage des bisherigen – oft günstigeren – Rechts übertragen.

Jedoch ist hier Eile geboten. Denn das alte Recht ist nur noch bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber anwendbar. Spätestens ab Verkündung des neuen Rechts werden sowohl Schenkungen als auch Übertragungen im Erbfall zumeist erheblich teurer. Nach neuem Recht müssen dabei alle Vermögensgegenstände mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert) bewertet werden. Nach altem Recht werden dagegen Vermögensübertragungen, insbesondere von bebauten Grundstücken, Anteilen an Personengesellschaften sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften, zu deutlich geringeren Wertansätzen der Besteuerung unterworfen.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) Bebaute Grundstücke

Künftig müssen bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer auch bebaute Grundstücke mit dem Verkehrswert bewertet werden. Bislang gilt hier der günstigere Bedarfswert der in der Regel nur ca. 65 % des Verkehrswertes beträgt. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung der Steuerlast.
Ob und inwieweit der Gesetzgeber für selbst genutzte Immobilien gegensteuern wird – z.B. durch eine Freistellung der Übertragung von selbst genutzten Einfamilienhäusern an nahe Angehörige oder durch erhöhte Freibeträge für Ehegatten und/oder Kinder -, steht noch nicht fest. Bei vermieteten Immobilien ist in jedem Falle mit einer deutlichen Erhöhung der Erbschaft-/Schenkungssteuer zu rechnen.

b) Unbebaute Grundstücke

Bei unbebauten Grundstücken wird bereits ab dem 01.01.2007 der aktuelle Bodenrichtwert angesetzt, der dem Verkehrswert entspricht. Eine weitere Änderung ist hier nicht zu erwarten.

c) Erbbaurechte

Auch Erbbaurechte müssen künftig mit dem Verkehrswert angesetzt werden. Dadurch erhöht sich die Steuerlast.

d) Barvermögen

Bei Barvermögen sind nach der bisherigen Rechtslage noch sog. mittelbare Grundstückschenkungen oder Baukostenschenkungen möglich. Solche liegen vor, wenn der Schenker dem Beschenkten einen Geldbetrag mit der Auflage zuwendet, ein bestimmtes Grundstück zu kaufen bzw. zu bebauen. Bei einer solchen Gestaltung können bislang noch die günstigen Grundstückswerte genutzt werden. Dies hat eine deutliche Reduzierung der Steuern im Vergleich zur „normalen“ Geldschenkung zur Folge. Bei höherem Vermögen ist auch die Errichtung einer Familiengesellschaft (sog. Familienpool, siehe unten) zu erwägen.

e) Betriebsvermögen

Für Betriebsvermögen wird ein ganz neues Bewertungsverfahren erforderlich. Inwieweit das von der Bundesregierung im Entwurf des Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge geplante sog. „Abschmelzungsmodell“ verfassungsgemäß ist, ist nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 31.01.2007 nicht sicher. Der Ansatz mit den bisherigen Steuerbilanzwerten ist jedenfalls verfassungswidrig. Das Betriebsvermögen wird daher künftig mit den Verkehrswerten angesetzt werden müssen.

Nach dem Gesetzesentwurf sollen die Vergünstigungen außerdem nur für „produktives“ Betriebsvermögen gelten. „Unproduktives“ Vermögen sind vor allem Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Anteile an Kapitalgesellschaften bis zu 25 %, Mitunternehmeranteile, Geldbestände und Wertpapiere. Erforderlich sein soll außerdem die Fortführung des Betriebes in gleichem Umfang über 10 Jahre. Hierfür dürfen Umsatz, Auftragsvolumen, Betriebsvermögen und Anzahl der Arbeitnehmer nicht wesentlich nach unten abweichen. Ob dies angesichts wirtschaftlicher Entwicklungen und technischer Fortschritte über einen so langen Zeitraum durchgehalten werden kann, ist in der Regel schwer vorherzusagen. Zudem soll die Vergünstigung des § 19 a ErbStG (stets Steuerklasse I für Betriebsvermögen) für weiter entfernte Angehörige oder Nicht-Verwandte, die sich bisher progressionsmindernd ausgewirkt hat, entfallen. Eine neue Freigrenze soll für Betriebsvermögen (produktives und/oder unproduktives) bis EUR 100.000,00 gelten.

Insbesondere bei Betrieben, bei denen der Steuerbilanzwert deutlich unter dem Verkehrswert liegt, oder bei denen aus anderen Gründen erhebliche stille Reserven vorhanden sind, bietet sich daher die Übertragung zu dem jetzt noch geltenden Recht an. Die Übertragung unter dem bisherigen Recht ist in der Regel außerdem dann sinnvoll, wenn die Fortführung des Betriebes im gleichen Umfang über 10 Jahre nicht sicher ist, oder wenn ein relativ hoher Anteil von „unproduktivem“ Vermögen vorhanden ist. Auch wenn der Erwerber nicht ein Kind oder Enkelkind des Schenkers ist, sollte die Übertragung nach dem alten Recht geprüft werden.

f) Familienpool

Bei großem Grundbesitzvermögen ist nach der bisherigen Rechtslage für kurze Zeit noch die Errichtung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (sog. Familienpool) möglich und sinnvoll, um in den Genuss der Vergünstigungen für Betriebsvermögen zu kommen. Diese Möglichkeit wird sicher wegfallen. Dann werden sowohl die günstigen Bedarfswerte für Grundstücke als auch die Vergünstigungen für Betriebsvermögen für solche Gesellschaften nicht mehr gewährt.

Dennoch kann sich die Gründung eines Familienpools auch weiterhin aus anderen Gründen lohnen. Weitere Informationen erhalten Sie hier.
In Zukunft sollen nach dem Gesetzentwurf zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge zwar Familienkapitalgesellschaften noch erbschaft-/schenkungsteuerlich begünstigt sein, eine Familienkapitalgesellschaft ist jedoch hauptsächlich bei umfangreichem Wertpapiervermögen sinnvoll. Bei Grundbesitzvermögen muss die Errichtung einer solchen Gesellschaft aufgrund der ertragsteuerlichen Auswirkungen sorgfältig geprüft werden.

g) Anteile an Kapitalgesellschaften

Bei Anteilen, die bisher nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet worden, wird ein neues Bewertungsverfahren notwendig. Dies wird insbesondere für anlagenintensive ertragsschwache Unternehmen zu deutlich höheren Werten führen.

Nutzen Sie die noch bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten, beschenken und bedenken Sie lieber Ihre Angehörigen als das Finanzamt. In vielen Fällen besteht sofortiger Handlungsbedarf. Wir helfen Ihnen hierbei gerne weiter.

Trotz sorgfältiger Prüfung können wir für die uneingeschränkte Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernehmen.